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(zum alltäglichen Wahnsinn)

 



Worüber man sich streiten kann


München (dapd). So viel Ärger hat ihm bislang noch kein Projekt eingebracht: Anlässlich des 2. Ökumenischen Kirchentags (ÖKT) stellte der Dichter Anton Leitner für einen katholischen Verlag eine Lyrikanthologie zusammen. Das Buch verkaufte sich zwar gut - zugleich formierte sich aber auch erbitterter Widerstand im konservativen Lager dagegen: Katholische Bischöfe, Kirchentag und Verlag erhielten eine Reihe von Protestbriefen. Leitner spricht von einer monatelangen "Diffamierungskampagne". Ihr prominentester Vertreter ist ausgerechnet ein früherer Kunstminister: Thomas Goppel (CSU).

Dass Buch mit dem Titel "Die Hoffnung fährt schwarz" war schon Anfang des Jahres im Verlag Sankt Michaelsbund erschienen. Der Band umfasst 74 Gedichte von Autoren aus drei Generationen, darunter Matthias Politycki, Gerhard Rühm, Said und Erika Burkart. Leitgedanke ist das Motto des ÖKT, "Damit ihr Hoffnung habt". Dutzende Autoren steuerten Gedichte rund um das Thema Hoffnung bei. Das Spektrum reicht von freien Versen bis hin zu Reimgedichten, von fränkischer und Wiener Mundartlyrik bis hin zu experimenteller Lautmalerei.

Die Reaktionen besorgter Katholiken ließen nicht lange auf sich warten: "Das ist abschreckend", klagte beispielsweise eine Ordensschwester in einer E-Mail an die ÖKT-Geschäftsstelle. "Kann das nicht verhindert werden, dass so ein Buch in die Öffentlichkeit kommt, wir blamieren uns ja." Ein Berufsschullehrer wiederum schimpfte in einem Brief an einen bayerischen Bischof: "Es ist eine Unverschämtheit, den Gläubigen so einen Unsinn und Schwachsinn als Gedichte der Hoffnung zu verkaufen." Die Gedichte zeigten "atheistische und nihilistische Tendenzen".

Verleger Erich Jooß sagt: "Es sind im Grunde nur wenige, die sich aber in einer Vielzahl ähnlich- oder gleichlautender Briefe beschwert haben." Sein Urteil über die Briefeschreiber fällt vernichtend aus: "Menschen, die mit zeitgenössischer moderner Literatur nichts anfangen können und ihre eigene Unfähigkeit im Umgang damit zum Maßstab machen." Leitner bezeichnet es als "skandalös", dass er hinterrücks zum Ketzer erklärt werde: "Es gibt wohl keinen Bischof in Bayern, der nicht ein solches Schreiben erhalten hat."

Öffentlich machte der Mundartdichter Helmut Zöpfl seine Unmut über die Sammlung Luft. In einem Beitrag für die "Landshuter Zeitung" zeigte er sich im Sommer "schockiert" darüber, dass "ausgerechnet der katholische St. Michaelsbund-Verlag" zum Thema Hoffnung ein Buch herausgegeben habe, "dessen Inhalt aus teilweise unverständlichen Gedichten besteht". Bei einem der Texte machte Zöpfl gar "zynischen Nihilismus aus".

Auch Goppel schaltete sich ein. Leitner hat in seinen Akten einen Brief des CSU-Politikers, der bei Zöpfl promoviert haben soll und mit ihm zusammen auch zu den Mitbegründern des Arbeitskreises Engagierter Katholiken in der CDU und CSU zählt. Der Münchner Künstlerseelsorger Georg Maria Roers erzählt, der Ex-Kunstminister habe ihn persönlich angesprochen, um seine Kritik an dem Buch loszuwerden. Auch Verleger Jooß bekam Post von Goppel, wie der Politiker selbst einräumt.

Das Buch sei "so platt, dass es den Qualitätsansprüchen an den Kirchentag nicht entspricht", sagt Goppel. "Für mich ist das Problem an der Stelle nicht die Tatsache, dass da jemand etwas veröffentlicht, sondern dass der Ökumenische Kirchentag gebraucht worden ist, um platte und flache Literatur an den Mann zu bringen", betont der Vorsitzende der Christsozialen Katholiken in der CSU. Mit Ökumene habe die Sammlung nichts zu tun. "Dieser Band war überflüssig."

Leitner sieht Goppels Äußerung nicht als Unmutsbekundung eines Einzelnen, sondern als Teil eines konzentrierten "Kreuzzugs gegen moderne Lyrik". Denn in den Briefen tauchten immer wieder ähnliche Argumente auf. In der jüngsten Ausgabe seiner Jahresschrift "Das Gedicht" beklagt der Herausgeber, der Grundsatz "leben und leben lassen" scheine auch heute noch nicht "für alle Freundeszirkel und politischen Arbeitskreise" zu gelten. Er habe gemeint, gewisse "Amigo-Seilschaften" wären nur noch ein unrühmliches Kapitel der jüngsten bayerischen Geschichte. "Aber das Handeln im Dunkeln ist hierzulande offenbar auch im 21. Jahrhundert ein bewährtes strategisches Mittel, um Andersdenkende zu diskreditieren."

Es scheint sich nicht um christliche Wohnstubenlyrik zu handeln.

 



The show must go on


Berlin (dapd). Der Bundestag hat am Freitag nach einem Eklat über die Rednerliste seine Sitzung unterbrochen und den Ältestenrat einberufen. Dies habe die Linke beantragt, sagte Vizepräsident Hermann Otto Solms (FDP). Zuvor hatte sich unerwartet SPD-Chef Sigmar Gabriel auf die Liste der Redner in der Debatte über die Hartz-Reform setzen lassen und die Regierung heftig angegriffen. Daraufhin war Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) noch einmal zur Entgegnung ans Rednerpult getreten. Das wiederum rief die Opposition auf den Plan. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin protestierte lautstark und wurde von Solms daraufhin zurechtgewiesen.

 



Die Jugend hat das Wort


München (dpa/AFP/yahoo) - Wenn der Verstand abgeschaltet wird, tanzt die Jugend den "Niveaulimbo": Die kreative Wortschöpfung aus den Begriffen "Niveau" und "Limbo" ist von einer Jury einstimmig zum Jugendwort des Jahres 2010 gewählt worden, wie der Münchner Langenscheidt-Verlag am Montag mitteilte.

"Niveaulimbo" ist Jugendwort des Jahres 2010. Die Heranwachsenden bezeichnen ein "ständiges Absinken des Niveaus" vor allem in Bezug auf Fernsehsendungen, aus dem Ruder laufenden Partys oder sinnlosen Gesprächen als "Niveaulimbo". Gelobt wurde von der Jury vor allem, dass die Wortschöpfung auch einen kritischen Blick auf die Entwicklung der Fernsehlandschaft zeige. Ferner befand vor allem die jugendliche Jury, "dass der Begriff in vielen Bereichen einsetzbar ist, wie auch eine Vielzahl so genannter "Niveaulimbo"-Gruppen auf Facebook oder StudiVZ aktuell zeigt."

Langenscheidt ermittelte das Jugendwort zusammen mit der Jugendzeitschrift "Spiesser" und dem sozialen Netzwerk MySpace. Eine siebenköpfige Jury aus Schülern und Journalisten hatte die Wörter ausgewählt. Kriterien wie Originalität, Kreativität, Wortneuschöpfung sowie natürlich der aktuelle Bezug zu gesellschaftsrelevanten und die Jugend bewegenden Themen lagen der Jurybeurteilung für das Jugendwort des Jahres ebenso wie für die gesamten Top Five 2010 zugrunde. Auf Platz zwei der Liste schaffte es das "Arschfax", also das aus der Hose hängende Unterhosenetikett. Hier lobten die Juroren, dass es im Hochdeutsch keine einfache Bezeichnung für diesen Umstand gibt.

Rang drei holte der Begriff "Egosurfen". Obwohl der Begriff, der für "sich selbst im Internet über Suchmaschinen suchen" steht, schon 1995 das erste Mal auftauchte, sahen die Juroren wegen der Ausbreitung der sozialen Netzwerke hier eine besonders hohe Aktualität. Auf Rang vier landete die "Speckbarbie" als Begriff für "aufgetakelte Mädchen in viel zu enger Kleidung". Das beim Chatten oder SMS-Versenden häufig verwendete "n1" für "nice one" oder "gut gemacht" holte sich Rang fünf.

 



Aus deutschen Landen


Berlin (dapd). In der Debatte über die Wikileaks-Enthüllungen hat die Bundesregierung Rücktrittsforderungen gegen den US-Botschafter Philip Murphy zurückgewiesen. Die Bundesregierung fordere "ausdrücklich nicht" die Abberufung Murphys, versicherte der Sprecher von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Steffen Seibert, am Freitag in Berlin. Sie habe auch ansonsten keine Forderungen an den Botschafter.

"Die Bundesregierung denkt gar nicht in diese Richtung", sagte Seibert, und stellte fest, dass die Affäre insgesamt nach Einschätzung der Bundesregierung in Deutschland keinen schweren Schaden angerichtet hat. Zuvor hatte der FDP-Abgeordnete Hans-Michael Goldmann Murphy scharf kritisiert und dessen Abberufung gefordert. "Das Verhalten von Herrn Murphy ist ungehörig! So ein Botschafter muss nach Hause geholt werden", zitiert ihn die "Bild"-Zeitung.

Ein Sprecher des Außenministeriums sagte, die Besetzung von Botschafterposten sei keine Sache der Bundesregierung, sondern der Gastländer. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) habe dazu bereits gesagt, dass die Bundesregierung auch künftig eng und vertrauensvoll mit den USA zusammenarbeiten werde. Aus FDP-Kreisen hieß es, die USA müssten nun selbst bewerten, wie die Lage ist.

 



Aus deutschen Landen II


Berlin (dapd). Wegen des großen Besucherandrangs will das Deutsche Historische Museum in Berlin seine Ausstellung "Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen" länger als geplant zeigen. "Wir erwägen, die Hitler-Ausstellung wegen des großen Interesses um vier Wochen zu verlängern", sagte Museumsdirektor Hans Ottomeyer am Freitag in einem dapd-Gespräch. "Dazu müssen wir aber noch mit den Leihgebern sprechen", fügte er hinzu. Die Ausstellung sollte eigentlich am 6. Februar enden und würde im Falle der Verlängerung bis Anfang März laufen.

Bislang kamen seit der Eröffnung Mitte Oktober laut DHM mehr als 115.000 Besucher. "Sie kommen aus aller Welt und sind teilweise mehr als zwei Stunden in der Ausstellung. Diese Verweildauer ist im Vergleich zu anderen Ausstellungen sehr lang", erklärte Ottomeyer. Es sei schwer, die Besucherzahl bis zum Ende der Ausstellung zu prognostizieren, "aber wenn es so weiter läuft, könnten es bis zu 300.000 werden", sagte der Museumsdirektor.

Er sei auch mit der Rezeption sehr zufrieden. "Es gab ja Befürchtungen, falsches Publikum anzulocken, beispielsweise Neonazis. Das ist nicht geschehen", sagte Ottomeyer. "Unser Ziel, zu erklären, warum Hitler gerade in Deutschland die Menschen so faszinieren konnte, scheint erreicht zu sein."

Erstmals in Deutschland widmet sich eine Ausstellung der Faszination Adolf Hitlers. Insgesamt sind es 600 Exponate, 400 Fotos und Plakate sowie Filme, die die Wirkung des Massenmörders auf die Bevölkerung in der Nazizeit erklären sollen. Auf originale Uniformen und persönliche Gegenstände Hitlers verzichteten die Ausstellungsmacher bewusst - auch um Neonazis nicht anzulocken.

 



Aus deutschen Landen III


Aus der Sparte 'Kultur', da gehört das auch hin:


Holzminden (dapd). Auf der Straße hat am Samstag in Holzminden ein Ehepaar Geldscheine im Wert von mehreren Hundert Euro gefunden. Die Frau und ihr Mann sammelten die vom Wind verwehten Banknoten ein und brachten sie sofort auf eine nahegelegene Polizeistation, wie die Polizei mitteilte.

Gesucht wird nun der rechtmäßige Besitzer des Geldes. Vermutlich seien die auf dem Parkplatz einer Privatbank entdeckten Scheine unmittelbar vor ihrem Verlust an einem Geldautomat gezogen worden, sagte ein Polizeisprecher. Möglicherweise seien die vielen Scheine unbemerkt beim Besteigen eines Autos verloren gegangen. Der Verlierer sollte sich nun umgehend auf der Wache melden. Den ehrlichen Findern dürfte ein Finderlohn zustehen.

 


 

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